Bekenntnisse

Ein Deutsch-Bänker 

zum Wimmern

Nr. 563 – vom 14. Dezember 2012
„Die Vorwürfe haben mich erschüttert.“ Schluchzend schneuzt sich der Herr Co-Direktor der Deutschen Bank in die heutige BILD-„Zeitung“. Will doch die Staatsanwaltschaft diesem Herrn Fitschen wegen schwerer Steuerhinterziehung an den absolut weißen Kragen über der absolut weißen Weste. Es dreht sich um 310 Millionen Euro, die dem Finanzamt verloren gingen aufgrund eines raffiniert eingefädelten Betrugs mit Emissions-Zertifikaten. Blöderweise hat der Ober-Bänker damals die Steuererklärung auch noch selbst unterschrieben. Dabei, so erklärt er im „Bild“-Interview, sei er natürlich „den Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns stets treu geblieben“. Allerdings, so gesteht der absolut Ehrbare reuig ein, „ist in einigen Fällen das rechte Maß verloren gegangen.“ Was will er uns damit sagen: Hat man sich plötzlich bei der Deutschen Bank nach linken Maßstäben gerichtet, weil man aus Versehen das rechte Maß verlegt hat?

Zugegeben, ein absolut verquerer Gedanke! In diesem Sinne bescheinigen denn auch einige Kommentatoren den führenden Deutsch-Bänkern „ein mangelndes Unrechtsbewußtsein“. Es wäre auch mehr als unfair, diesen Leuten zu unterstellen, daß sie so etwas Perverses wie ein Unrechtsbewußtsein haben könnten. Un-rechts: das ist logischerweise – links. Ein Unrechtsbewußtsein wäre also ein linkes Bewußtsein. Und das wäre nun absolut geschäftsschädigend. Deshalb gilt in Bankenkreisen: Auch wenn man den Staat und seine Bürger ganz bewußt linkt, darf man beim Linken die Rechte nicht vergessen. Ist es doch die rechte Hand, mit der man normalerweise abkassiert. Wie sollte sonst eine Bank ihre Aktionäre reich machen, wenn es nicht mit rechten Dingen zuginge. Ginge es mit linken Dingen zu in diesem Land, wären die Reichen plötzlich arm dran. Denn am Arm dran ist ja die Rechte, also die rechte Hand. Und die könnte dann nicht mehr so richtig zulangen.

Ich hab’s ja schon immer gesagt: Die Reichen und die Rechten bilden nun mal eine natürliche Allianz. Sie kommen sogar aus einer gemeinsamen Sprachfamilie. Beide sind abgeleitet vom Tu-Wort „reichen". Das bedeutete im Altgermanischen ursprünglich: „mit rechts zufassen"; später wurde daraus: „sich be-reichern". So ergaben sich aus dieser rechtshändigen Ableitung der Reichtum und das Reich und das Recht. Und in der Rechts-Nachfolge des alten lateinischen rectum beherrscht uns der Rex und die Regierung und das Regime und das Regiment und der Di-rigent und der Di-rektor. Auch der Herr Bankdirektor.

Und falls Sie jetzt meinen, das sei ganz schön link, wie ich die Rechts-Begriffe hier zu-recht-rücke, dann sagen Sie schon etwas über das Links-Sein aus. Das Wörtchen „link“ deutete im alten Deutsch keine Richtung an, sondern besagte: schlaff, matt, schwach. Ebenso hieß im Englischen „left“ zunächst: lahm. Die Linken sind mithin ein lahmer Haufen. Wer da noch bei den Linken mithumpelt – der ist ein linker Hund, also ein sinistrer Satansbraten.

So steht es schon in der Bibel. Wenn irgendwann der Herr aller Recht-Gläubigen zu Gericht sitzt, und zwar zum Jüngsten, wird sich seine Rechts-Sprechung so anhören: „Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommet her, Ihr Gesegneten meines Vaters, Ihr ererbet das Reich.“ (Matthäus 25,34)

„Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hinweg von mir, Ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das mein Vater dem Teufel und seinen Engeln bereitet hat.“ (Matthäus 25,41)

Zum Teufel mit den Linken! Na bitte, das haben die Rechten doch schon immer gesagt.


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